Lieferanten-Risikomanagement

Risikomanagementsystem

Im Rahmen des Projekts Supply Chain Risk Management 360 (SCRM 360) hat Swisscom im zweiten Halbjahr 2014 einen Pilotversuch mit der Cloud-basierten Plattform Supply Risk Network (SRN) durchgeführt. Die Implementierung dieser Lösung wird etappenweise 2015 erfolgen. Durch den ganzheitlichen Ansatz SCRM 360 reduziert Swisscom künftig die Risiken nicht nur in den Bereichen Umwelt und Soziales, sondern auch in Finanzen, Sicherheit, Logistik und Qualität. Auf Basis einer individualisierten und gewichteten Scorecard überprüft Swisscom laufend anhand von mehr als 50 Risikoindikatoren externe Datenquellen. Ist ein zuvor festgelegter Schwellenwert bei einem der Top 100-Lieferanten und zahlreichen Vorlieferanten überschritten, erhält die Einkaufsorganisation eine automatische Indikatorennachricht. Die Auswahl der Top 100-Lieferanten erfolgt nach den folgenden Kriterien: Höhe des Einkaufsvolumens, strategische Bedeutung sowie Risiko der Warengruppen.

Swisscom hat 2014 die Warengruppen aus Sicht der Corporate Responsibility überprüft. Sie hält am bisherigen Risikoraster fest und hat die Liste der Lieferanten aus Warengruppen mit hohem Risiko kritisch überarbeitet. Von diesen Lieferanten sind bereits alle grösseren Lieferanten auf der e-tasc-Plattform von EcoVadis registriert. Bei potenziellen Lieferpartnern und Ausschreibungen wendet Swisscom weiterhin den implementierten Prozess an. Ab 2015 ermöglicht die neue Cloud-basierte Plattform SRN zudem eine erste Einschätzung des Gesamtrisikos eines Lieferanten.

Im ersten Quartal 2015 will Swisscom etappenweise das Gesamtkonzept implementieren und eine Organisation zum Krisenmanagement in der Lieferkette einführen.

Vorgehen Risikomanagement in der Lieferkette

Swisscom beurteilt nicht jeden Lieferpartner auf sein Risiko hin. Vielmehr nutzt sie ein Filterverfahren und erkennt so frühzeitig das effektive Risikopotenzial. Gleichzeitig will Swisscom die Anzahl der zu beurteilenden Lieferpartner reduzieren.

DP_GR_RisikomngtVorgehen_de.gif
Filterverfahren: Vorgehen des Risikomanagements in der Lieferkette

Im ersten Schritt des Filterverfahrens beurteilt Swisscom alle Warengruppen anhand von klar definierten Kriterien auf ihre ökologischen und sozialen Risiken. Dadurch lassen sich einzelne Warengruppen den drei Risikoprofilen Gering, Mittel und Hoch zuordnen.

Im zweiten Schritt des Verfahrens ermittelt Swisscom Lieferpartner mit Waren in den hohen und mittleren Risikoprofilen. Sie prüft diese Lieferpartner individuell mithilfe von klar definierten Kriterien auf Risiken. Ebenso bestimmt sie das Risiko möglicher Lieferpartner mit Waren, die einer Warengruppe mit hohen und mittleren Risikoprofilen angehören. Das Ergebnis der Prüfung fliesst in die Entscheidung über eine Zusammenarbeit ein.

Übersicht und Vorgaben des Risikomanagements in der Lieferkette
DP_GR_RisikobeurteilungLieferanten1_de.gif

Corporate-Responsibility-Vertragsbeilage

Im Jahr 2014 sind 96% des Gesamtbestellvolumens bei Lieferanten angefallen, welche die CR-Vertragsbeilage (CRV) akzeptiert haben. Swisscom will 2015 weiterhin Lieferpartner bestimmen, welche die CRV noch nicht unterzeichnet haben. Damit verbleibt der Anteil derjenigen Lieferanten, welche die CRV unterzeichnet haben, stabil auf hohem Niveau. Swisscom verzichtet daher im Folgejahr auf die Veröffentlichung des obgenannten Werts.

Selbstdeklarationen/Self-Assessments

Im Rahmen von zwei Kampagnen hat Swisscom 2014 31 Lieferanten auf der e-tasc-Plattform von EcoVadis registriert und bewertet. Total sind per Ende 2014 101 Lieferanten auf dieser Plattform bewertet. Von den 101 bewerteten Lieferanten haben 34 die Erwartungen hinsichtlich der CR noch nicht erfüllt. Für sie wurde ein Corrective Action Plan (CAP) erstellt, der die Verbesserungsmöglichkeiten dokumentiert. Nach 12 bis 24 Monaten wird Swisscom entscheiden, bei welchen Lieferanten eine Neubewertung erforderlich ist. Bis Ende 2014 haben 19 Lieferanten ihre Arbeiten am CAP über die Plattform aufgenommen und zum Teil bereits abgeschlossen. Ein Lieferant weist ein hohes Risiko auf. Da dieser Lieferant jedoch keine Geschäftsbeziehungen mehr zu Swisscom unterhält, erfolgt eine Weiterbearbeitung erst im Falle eines neuen Vertrags. Swisscom hat das für 2014 gesetzte Ziel übertroffen, 101 Lieferanten auf der e-tasc-Plattform zu bewerten. 2015 will Swisscom weitere Schlüssellieferanten, strategische Lieferanten sowie Lieferanten mit hohen und mittleren Risiken auf der Plattform registrieren.

Audits

Swisscom ist Mitglied der Joint Audit Cooperation (JAC). Im Jahr 2014 hat Swisscom im Rahmen der Zusammenarbeit mit JAC dreir Audits durchgeführt. Die JAC ist ein Zusammenschluss von Telekommunikationsunternehmen. Sie prüft, bewertet und fördert die Umsetzung der gesellschaftlichen Verantwortung in den Produktionszentren der wichtigsten multinationalen ICT-Lieferanten. Insgesamt sind im Netzwerk von JAC 35 Audits bei Lieferanten erfolgt (Vorjahr 38). Diese Audits betreffen Produktionsstätten, mehrheitlich in China, Taiwan, Indien, Japan, Südkorea und Südamerika. Die Audits vor Ort orientieren sich an folgenden Richtlinien:

  • Vorbereitung: Die Audits beruhen auf Informationen, die im Vorfeld über den zu prüfenden Betrieb einzuholen sind.
  • Geschulte Prüfer: Die Audits werden von internationalen Auditunternehmen durchgeführt. Diese Unternehmen sind auf die besonderen sozialen und umweltpolitischen Umstände im jeweiligen Land spezialisiert.
  • Geheimhaltung: Mit den Lieferanten werden Geheimhaltungsvereinbarungen getroffen. Damit sind die Ergebnisse der Audits nur den JAC-Mitgliedern bekannt.
  • Methodik: Die JAC-Mitglieder erstellen eine Checkliste auf Basis der Standards SA 8000 (unter anderem hinsichtlich Arbeitsbedingungen, Gesundheit und Sicherheit, Umwelt, Geschäftsethik und Managementsystem) sowie ISO 14001. Zudem werden vor Ort erfolgte Audits mit Gesprächspartnern berücksichtigt.
  • Bericht: Der Bericht enthält die auf objektiven Nachweisen beruhenden Ergebnisse.
  • Zusammenarbeit mit den Lieferanten: Die Zusammenarbeit stützt sich auf das gemeinsame Bewusstsein, dass das CR-Risikomanagement für eine verantwortliche, nachhaltige Entwicklung eine entscheidende Rolle spielt.
  • Zusammenarbeit beziehungsweise Weiterentwicklung der Lieferanten: Auf Grundlage der Ergebnisse des Audits werden mit den Lieferanten Korrekturmassnahmen festgelegt, um Schwachpunkte zu beseitigen. Das jeweilige JAC-Mitglied verfolgt die Umsetzung dieser Massnahmen bis zum vollständigen Erfolg.

In wöchentlichen Telefonkonferenzen legen die JAC-Mitglieder die Auditagenda fest, prüfen Auditberichte und überwachen den Fortschritt der geplanten Korrekturmassnahmen. Diese regelmässigen Konferenzen und der Austausch über Best Practices helfen, die Beurteilung der Corporate Responsiblity zu optimieren und die JAC-Initiative effizienter zu gestalten. Zweimal im Jahr findet ein Treffen des JAC-Lenkungsausschusses statt, der aus Vertretern der oberen Führungsebene der jeweiligen CR- und Sourcing-Bereiche besteht. Am Treffen überprüft der Ausschuss die Ergebnisse der Auditkampagne und trifft Entscheidungen zum weiteren Vorgehen.

Auditergebnisse

Die 2014 durchgeführten Audits haben eine begrenzte Anzahl von Non-Conformities und unterschiedliche Arten von Non-Compliances ergeben. Die Non-Compliances beziehen sich hauptsächlich auf Arbeitszeit, Arbeitssicherheit, Gehalt und Gesundheit/Sicherheit. Darüber hinaus haben die Audits einige Fälle von Diskriminierung und Beschäftigung von Minderjährigen aufgedeckt. Der Zeitraum für die Behebung der Probleme ist abhängig von der Art der Non-Compliance.

Besonders die Behebung von Un­regelmässigkeiten im Rahmen der Arbeitszeit (zum Beispiel die Begrenzung von Regelarbeitszeit und Mehrarbeit) benötigt mehrere Monate, da sie Auswirkungen auf das Personalwesen des betroffenen Unternehmens hat.

Swisscom hat ihre für 2014 gesetzten Ziele teilweise erfüllt und mit der JAC drei Audits durchgeführt. Ein Audit musste verschoben werden. Auch 2015 geht die Zusammenarbeit mit der JAC weiter; Swisscom plant, 6 Audits beizutragen.

Das Netzwerk Joint Audit Cooperation hat seit 2010 insgesamt 146 Audits in 15 Ländern auf fünf Kontinenten durchgeführt. Davon sind 35 im Berichtsjahr erfolgt. Insgesamt erfassten die Audits 540000 Arbeitnehmer und identifzierten 922 Verfehlungen. Davon sind noch 317 Fälle offen oder noch nicht abgeschlossen. Die Audits haben die folgende Anzahl an Schwachstellen identifiziert:

Anzahl Schwachstellen201220132014
Gesundheit und Sicherheit626893
Arbeitszeit/Überzeit527383
Geschäftsethik316450
Kinder- und Jugendarbeit101013
Arbeitsentgelt18923
Umwelt113033
Zwangsarbeit und Diskriminierung71022

Von den insgesamt 922 Schwachstellen sind im Berichtsjahr 2014 279 veröffentlicht worden. 83 der offenen Fälle stehen im Zusammenhang mit Fragen der Arbeitszeit. 55 dieser 83 Schwachstellen stammen aus den Jahren 2010 bis 2013, 28 aus dem Jahr 2014. 234 identifizierte Schwachstellen verteilen sich auf weitere Kategorien. 98 davon stammen aus den Jahren 2010 bis 2013 und 136 aus 2014. Schwachstellen hinsichtlich Jugendarbeit betreffen Fälle von lärmiger Umgebung, Überzeit oder Nachtschichten, nicht aber Fälle von Kinderarbeit. Bei beanstandeten Diskriminierungen handelt es sich um die ungenügende Formalisierung von Verträgen, nicht um Zwangs­arbeit. Schwachstellen im Bereich der Umweltthemen betreffen das Fehlen von Umweltberichten und eine unsachgemässe Entsorgung.

Die einzelnen JAC-Mitglieder behandeln die Schwachstellen laufend. Die erhobenen Daten werden regelmässig aktualisiert und im Lenkungsausschuss diskutiert.

Carbon Disclosure Project – Supply Chain Program

Im Berichtsjahr 2014 hat Swisscom die Kooperation mit dem Carbon Disclosure Project (CDP) weitergeführt. Das CDP ist eine im Jahr 2000 gegründete Nonprofitorganisation. Sie will Unternehmen dazu bringen, relevante Umweltdaten wie klimaschädliche Treibhausgasemissionen und Wasserverbrauch zu veröffentlichen. Einmal jährlich erhebt das CDP im Namen von Investoren bei Unternehmen mittels standardisierter Fragebögen und auf freiwilliger Basis Daten und Informationen zu CO2-Emissionen, Klimarisiken sowie Reduktionszielen und -strategien. Das CDP verwaltet mittlerweile die weltweit grösste Datenbank ihrer Art. Im Rahmen ihrer Kooperation mit dem CDP hat Swisscom 47 ihre wichtigsten Lieferanten angeschrieben und befragt. Die befragten Lieferanten weisen ein hohes Bestellvolumen oder eine hohe Umweltrelevanz auf. Dank einer Rücklaufquote von 85% ist die Befragung erfolgreich abgeschlossen worden (Rücklaufquote der Befragung im Vorjahr 52% bei allen Lieferanten). Im vierten Quartal 2014 hat das CDP die Rückmeldungen analysiert und die teilnehmenden Lieferanten mittels Scoring bewertet. Die Resultate fliessen teilweise in das e-tasc-Plattforum von EcoVadis ein und dienen als Grundlage für die ganzheitliche Bewertung der wichtigsten Swisscom Lieferanten.

Hauptrisikofaktoren in der Lieferkette

Menschenrechte

Swisscom beachtet in besonderem Masse die Einhaltung der Menschenrechte in den Bereichen, die im Standard SA 8000 der Social Accountability International (SAI) angeführt sind. Diese Bereiche sind Kinderarbeit, Zwangsarbeit, Gesundheit und Sicherheit, Vereinigungsfreiheit und Recht auf Kollektivverhandlungen, Diskriminierung, Disziplin, Arbeitszeit sowie Entlöhnung.

Klimarisiken aus CO2-Emissionen

Die Klimaveränderung birgt Risiken, zum Beispiel in Form von intensiveren Niederschlägen und erhöhten Durchschnittstemperaturen sowie extremen Wetterereignissen. Diese Risiken könnten die Herstellung von Telekommunikationsprodukten und Netzausrüstungen sowie deren Transport in die Schweiz gefährden und Marktchancen sowie Betrieb von Swisscom beeinträchtigen. Das Treibhausgas-Inventar von Swisscom zeigt, dass der grösste Anteil der CO2-Emissionen auf die Lieferkette fällt. Swisscom hat diesen Sachverhalt in ihrem strategischen Schwerpunkt Klimaschutz berücksichtigt.

Rohstoffe

Die Rohstoffe, die in unterschiedlichen Swisscom Produkten stecken, stammen aus einer Vielzahl von Ländern und Regionen. Immer öfter treten Fragen zur Herkunft der verwendeten Rohstoffe auf und ebenso zu den damit verbundenen ökologischen und sozialen Risiken. Swisscom setzt sich seit 2011 mit dem Thema Rohstoffe auseinander und hat in den vergangenen zwei Jahren die folgenden Massnahmen ergriffen:

  • Januar 2012: Swisscom wird über die Mitgliedschaft in der Global e-Sustainability Initiative (GeSI) Mitglied bei der World Resources Forum (WRF) Association.
  • März 2012: Gründungsversammlung der WRF Association; Swisscom vertritt GeSI bei den Zusammenkünften der WRF Association.
  • März/Oktober 2013: Teilnahme an der Generalversammlung der WRF Association in St. Gallen und des WRF in Davos.
  • Oktober 2013: Dialog mit der NGO «Brot für alle» und Beitrag zum Symposium «High Tech – No Rights» in Bern.
  • 2014: Vorabklärungen zu einem Engagement bei Fairphone. Ein Engagement ist mit dem Aufkommen der zweiten Generation von Endgeräten 2015 geplant.

Im Jahr 2014 hat Swisscom ihre Einkaufspolicy inhaltlich überarbeitet. Bei Bedarf wird das Unternehmen zudem die CR-Vertragsbeilage 2015 überprüfen.

Purchasing Circle – Verankerung von Corporate Responsibility in der Organisation

Der Purchasing Circle ist eine Veranstaltungsreihe für die Gruppe der Swisscom Einkäufer. Im Rahmen des Circles hat 2013 erstmals eine Tagung zum Thema «Herausforderungen für eine nachhaltige Supply Chain» stattgefunden. Auf dem Programm standen Schwerpunktreferwate externer Gäste und interner CR-Verantwortlicher sowie eine Podiumsdiskussion. Ferner besuchten Swisscom Einkäufer die Umwelt Arena, eine Ausstellungsplattform für nachhaltige Lösungen in Spreitenbach (Kanton Aargau). 2014 führte Swisscom das Konzept des Purchasing Circle in drei Veranstaltungen weiter.